im keinland ist schönerland stumm · Texte aus der DDR 1983-1989

Das Frühwerk des Ostberliner Dichters Johannes Jansen erzählt DDR-Geschichte als aufreibendes Wechselspiel: Hier der sich selbst zu behaupten versuchende »Läufer«, ein Großstadt-Ich, das mitunter raubtierartige Züge annimmt - dort die geografische wie politische »Landschaft« als den Läufer umgrenzendes Gehege. Die meisten Texte entstanden in Berlin-Pankow mit Blick auf die Mauer. Gegen diesen Blick setzt Jansen eine Poetik der Bewegung, die auch deren beständige Verhinderung zum Thema hat. Schon in den Jugendgedichten, die an W.C.Williams geschult sind, lässt der 17-Jährige seine Prägung durch die gesamtdeutsche Geschichte erkennen, und der Schmerz, den sein Ich unter der Sprachverhunzung im ideologischen Alltag empfindet, ist allgegenwärtig. In den späten Achtzigern wächst sich die Landschaft zu einem konzertierten Angriff auf den Läufer aus, er wird im Stehen und Gehen verfolgt, auf Schritt und Tritt überwacht. Der Drang des Ichs, in Bewegung zu bleiben, verflicht sich in der Lektüre mit Jansens Textfabrikation: Zwischen den Spaziergängen bleibt oft genug nur das Schreiben als Rettung vor Übermannung und Paranoia. Das Ich probiert »gangarten« aus und schafft sich, als das Gedicht der zunehmenden Aggressivität keine Form mehr geben kann, Lyrik-Prosa-Hybride, um seiner Wirklichkeit weiter gerecht zu bleiben. Im Wendejahr schließlich zerfallen ihm die Gedichte endgültig - mit den »spottklagen eines abseitigen« entsteht eine giftige Blocksatz-Prosa, die sich heute als herausragendes literarisches Dokument zum Ende des DDR-Sozialismus liest.

»im keinland ist schönerland stumm« versammelt zahlreiche unveröffentlichte wie auch bereits in der DDR erschienene, aber seit langem vergriffene Texte aus den Bänden »Poesiealbum 248« (1988) und »Prost Neuland« (1990) - ausgewählt und mit einem Vorwort versehen von Jan Böttcher.